Auch der schwarze Mann ist am Ende nur ein Mann

Jede Gruppe braucht ihre Geheimsprache, um sich abseits der Mehrheit zu unterhalten. Das war schon in der dritten Klasse so, als wir die ersten Zettel durch die Bankreihen gegeben haben und in Geheimschriften und Codes formulierten, damit jene, die den Zettel widerrechtlich öffneten, bevor er bei der besten Freundin oder dem Angebeteten ankam, nicht verstehen konnten, was wir sagen wollen. Top secret!

Manche haben die dritte Klasse intellektuell nie überwunden, dafür gibt es heute intersektionale, gendergerechte Sprache. Man sagt, sie sei inklusiv, tatsächlich ist es wie in der dritten Klasse ein exklusiver Geheimcode, den nur die Eingeweihten verstehen. Ich weiß nicht, wo man das lernt und wo man vor allem die deutsche Sprache verlernt, sobald man sich hauptberuflich, oder wollen wir eher sagen hauptaktivistisch mit gender-queeren Antiracial-Diskursen beschäftigt. Vielleicht gibt einen Initiationsritus im gendersensiblen Arbeitskreis Sprachhandeln an der Uni oder in den Selbsthilfegruppen, wo bei Überreichung des erfolgreich absolvierten Genderzertifikates in einem eigens formulierten Sprachexorzismus gemeinsam der deutschen Grammatik auf Lebenszeit abgeschworen wird und zum Abschluss eine Ausgabe des Dudens rituell verbrannt wird während im Hintergrund ein Genderstern brennt.

Klar ist, gendersensible und nichtverletzende Sprache ist nicht einfach, man muss so viele Regeln beachten beim Formulieren, selbst jene, die man gar nicht kennt und die auch nur im ungeschriebenen Twittergesetz niedergeschrieben sind, die man aber dennoch aus Versehen verletzen kann.

Gerade kursiert im Twitterkosmos ein Tweet von Malcolm Ohanwe, er ist Podcaster für die „Kanackische Welle„, was nur deswegen keine Beleidigung ist, weil er es wohl selbst so benannt hat, und nach Eigenauskunft Linguist, was die Sache besonders spannend macht. Laut Medium Magazin gehört er zu den Top 30 Journalisten unter 30 Jahren in diesem Land. Man sollte ihn wohl kennen. Ich entschuldige mich präventiv, dies bislang nicht getan zu haben, nach Sichtung seines Twitterprofils bin ich sicher, dass ich jetzt noch größere Wiedergutmachung abzutragen haben, als ich ohnehin durch meine weiße Erbschuld sowieso zu leisten hätte.  

Ohanwe ist nun schwarz, oder vielleicht auch nicht. Obwohl ich mich gerade auch zuletzt in meinem aktuellen Buch „NOCH NORMAL? – Das lässt sich gendern!“ eingehend mit der Gedanken- und Sprachakrobatik der schönen neuen intersektionalen und garantiert rassismusfreien Sprache beschäftigt habe, ist auch mir nicht immer klar, wie man einen wie auch immer gefärbten „Nicht-Weißen“ Menschen denn nun sprachlich korrekt und diskriminierungsfrei zu benennen hat und ob ich nicht alleine schon mit diesem Versuch meiner angeborenen weißen rassistischen Grundhaltung erliege, weil ich die unterschiedliche Hautfarbe eines anderen Menschen immer noch zur Kenntnis nehme anstatt sie anständig und rassismusfrei und gewollt zu übersehen.

Tagesaktuell müsste man sagen: Ohanwe ist ein Angehöriger der Gruppe der BPoCs, dabei handelt es sich um „People of Color“ in der „Black“ Variante, deswegen „Black People of Color“, ergo BPoC. Aber auch das ist nur eine These, die ich sofort bereit wäre zu widerrufen, sollte das rassistisch sein. Zudem sagt Ohanwe selbst in einem seiner Tweets, PoC zu sein sei nicht synonym mit Schwarz zu sein. Es ist eher eine Haltung, ein Zustand, inzwischen auch eine Lebensphilosophie. Denn PoC zu sein wird inzwischen synonym mit Opferdasein und gesellschaftlich Ausgegrenztsein verwendet. In diesem Sinne ist Weißsein also ein Privilegiertenstatus, während PoC -Sein einen Unterprivilegiertenstatus darstellt. Damit sollte die Täter-Opfer-Front auch für Gender-Anfänger klar ersichtlich sein.

Das muss man alles vorwegschicken, um die neue Opfersprache besser im Kontext zu verstehen. Gerade also kursiert die Frage im Twitterdorf, was uns Malcolm Ohanwe, mit folgenden Worten sagen will: „Es kotzt mich an, dass pseudo-Liberale Weiße und Nicht-Schwarze gleichzeitig Schwarze und PoC Männer für Femness pseudo-belohnen, weil dann sind sie vermeintlich weniger bedrohlich, „angepasst“, sie aber auch abstrafen, weil sie trotzdem queer- und femfeindlich sind.“

Ich sagte ja bereits, es ist ein Code für Eingeweihte. Und die Sprachlosigkeit zwischen den gesellschaftlichen Gruppen hat ihre Ursache möglicherweise weniger in einer intoleranten Grundhaltung der Mehrheit gegenüber Minderheiten, sondern eher in der Tatsache, dass man sich von zwei unterschiedlichen Sprachplaneten gegenseitig mit immer mehr kaltem Universumsstaub dazwischen anstarrt.

Bevor wir nun in die Übersetzung starten, möchte ich das aus mehreren Tweets bestehende Statement komplett wiedergeben, weil es dann an innerer Logik gewinnt und dem Vorwurf vorbeugt, dass sei nur deswegen unverständlich, weil es aus dem Kontext gerissen sei. Der bemühte Leser wird dann selbst erkennen, dass sich die Diskrepanz zwischen Textleseverständnis und Durchschnitts-IQ nicht durch böse Auslassung einstellt, sondern systemimmanent im Geheimcode verhaftet ist.

Das tägliche Leben als schwarzer oder wie auch immer nicht weißer Mann beschreibt Ohanwe also mit diesem Problem:

„Als schwarzer Mann musst du dir eine „softie-babi-süß“-Stimme antrainieren, damit du nicht als chauvinistischer Fascho giltst. Aber wenn du softi-bebi-süß Stimme hast, kriegst du homophobe Angriffe ab.

Als schwarzer Cishet-Mann wahrgenommen zu werden, bedeutet – ständig – sich mit dem Vorwurf „bedrohlich“ oder „aggressiv“ auseinandersetzen zu müssen

Es ist Gewaltvoll und übergriffig. Solche Framings von Nicht-Schwarzen sind der erste Schritt, dich komplett vogelfrei zu machen. Schwarze Männer sind genauso liebevoll, feministisch, intelligent geduldig friedvoll wie alle anderen Menschen.

Es kotzt mich an, dass pseudo-Liberale Weiße und Nicht-Schwarze gleichzeitig Schwarze und PoC Männer für Femness pseudo-belohnen, weil dann sind sie vermeintlich weniger bedrohlich, „angepasst“, sie aber auch abstrafen, weil sie trotzdem queer- und femfeindlich sind.

Daily reminder: PoC ist KEIN Synonym für Schwarz.“

Ich sagte ja, es wird nicht einfach. Gleichzeitig bin ich dankbar für diese Einlassung, wie sie, obwohl kryptisch verfasst, dennoch anschaulich die Problemlage der gesamten aktuellen Identitätspolitik in wenigen Worten zusammenfasst: Es wird eng im Opfertopf, wo immer mehr Minderheiten ums Obenschwimmen kämpfen und man sich auch untereinander nicht immer grün ist, was jetzt nichts mit Hautfarbe zu tun hat. Im Ergebnis stellt Ohanwe gerade bitter fest: Der schwarze Mann ist am Ende auch nur ein Mann. Auch wenn er dachte, er sei mit seinem Nicht-Weißsein innerhalb des intersektionalen Opfertopfes mit drin im großen Opferpool. Der aber gerade feststellt, wenn er sein Männlichsein nicht mit pseudo-Weiblichkeit absichtlich überdeckt, er als das wahrgenommen wird, was er sonst vereint mit seinen queer-feministischen neuen Freundinnen sonst immer nur den alten weißen Mann beschuldigt:  als aggressiver Fascho.

Ich wage hier auf eigene Gefahr nun eine Übersetzung der Worte von Malcolm Ohanwe, mein schlechter Ruf als alter weißer Mann, gefangen im Körper einer 45-jährigen Vierfachmutter eilt mir bereits voraus, ich habe nichts mehr zu verlieren:

„Als schwarzer Mann musst du dir eine dieser bescheuerten Eddie-Murphy-Stimmen im „Prinz-aus-Zamunda-Style“ zulegen, um bloß nicht als irgendwie klar männlich rüberzukommen für dein Umfeld, weil du sonst im Verdacht bis, einer dieser typischen Männer zu sein, so wie die alten weißen Säcke, von denen man ja weiß, dass sie nur Faschos sein können. Das Problem ist aber, wenn du mit so einer tuntigen Stimme durch die Welt läufst, wirst du offenbar für schwul gehalten und dann wirst du nicht mehr als Schwarzer sondern als Homosexueller diskriminiert. Was auch nicht besser ist. Zudem bist du ja nicht schwul und vergraulst mit der künstlichen Piepsstimme alle potenziellen weiblichen Zielobjekte in deinem Umkreis, denn die halten dich dann auch für schwul, ergo verloren für den Markt. Wenn man also als „Cishet“ wahrgenommen wird, als heterosexueller Mann der auch biologisch als genau solcher zur Welt kam, bedeutet das auch für schwarze Männer, dass sie sich ständig dem Vorwurf ausgesetzt sehen, sie seien „bedrohlich“ oder gar „aggressiv“ einfach nur weil sie sich wie ganz normale Männer verhalten, was sie doch auch sind und das ist nicht nur ein Dilemma sondern auch zutiefst unfair.“

An dieser Stelle könnte Ohanwe eigentlich glücklich sein, denn endlich stellt er fest, man behandelt ihn nicht anders, als jeden anderen weißen Mann, wenn er seine Männlichkeit nicht versteckt. Endlich ist er aus der Diskriminierung als Schwarzer raus und wird einfach nur als ganz normales männliches Grundproblem betrachtet. Aber klar, das ist frustrierend, vor allem, wenn man sich selbst als sensiblen Zeitgenossen betrachtet und dieses abwertende Pauschalurteil über Männer nicht akzeptieren will. Ja da hat er völlig recht, wenn er anschließend aufzählt „Schwarze Männer sind genauso liebevoll, feministisch, intelligent geduldig friedvoll wie alle anderen Menschen.“ Ja genau, das stimmt!

Aber es stimmt auch für alle weißen Männer, genaugenommen für alle Männer. Denn der derzeit grassierende Generalverdacht gegenüber einer angeblich angeborenen „toxischen Männlichkeit“ ist nicht nur schwarzen, sondern allen Männern gegenüber ein Skandal. Solche Framings von Nicht-Schwarzen seien der erste Schritt, dich komplett vogelfrei zu machen, beklagt er also für den schwarzen Mann, schafft aber nicht den Schritt zu realisieren, dass genau jene feministisch-queere Bewegung, die angeblich für mehr Toleranz in allen Lebenslagen kämpft, selbst zutiefst intolerant jeden Weißen und vor allem jeden weißen Mann derzeit genauso klassifiziert und damit pauschal und diskriminierend aburteilt.

Wer aber gefangen ist im Weltbild, dass Rassimus angeblich immer nur eine Richtung haben kann, von schwarz zu weiß, und Sexismus immer nur von Mann zu Frau, übersieht die totalitäre Grundhaltung der eigenen Peergroup. Gerade stellt er also überrascht fest, in den Augen der anderen ist er auch nur ein Mann. Und das kotzt den lieben Kollegen Ohanwe also an, dass all seine pseudo-liberalen weißen Möchtegernfreunde, die sich selbst so gut gefallen in ihrer antirassistischen Grundhaltung und ihrem ach so toleranten Kampf gegen Rassismus, Antifeminismus für Queerness und Frauenrechte den schwarzen Mann in Wahrheit nur dann mögen, wenn er seine Männlichkeit verleugnet und pseudoverweichlicht daherkommt, um zu gefallen. Sie ihn gleichzeitig abstrafen, wenn er es nicht ist, weil er dann – genau wie die Kohorte der übrig gebliebenen weißen Restmänner – als queer- und frauenfeindlich bezeichnet wird, einfach nur, weil er sichtbar ein Mann bleiben will. Zum Schluss erinnert er sich selbst an die Grundthese: Schwarz zu sein ist nicht gleich ein Angehöriger der „PoC“ also der Unterprivilegierten zu sein, denn siehe da: Auch der schwarze Mann wird zum Fascho, wechselt also auf die Fascho-Täterseite,  wenn er das Spielchen seiner neuen feministischen Freundinnen nicht mitmacht und ganz Mann bleiben will.

Kleiner Tipp also Malcolm Ohanwe, so von einer weißen Frau mit Migrations- und Menstruationshintergrund: Bleib ein Mann. Mit einer pseudo-bebi-süß Stimme bekommst du nicht nur homophobe Angriffe, sondern vor allem auch keine Frau ab, die diese Bezeichnung verdient und du bist doch ein „Cishet“. Du musst dich also entscheiden, willst du gefallen, oder willst du Mann sein. Beides ist mit deinen eigenen, intersektionalen „Freund*Innen“ nicht zu haben. Your Life, Your Choice. Good Luck.


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