Die Abtreibungsdebatte der USA ist zurück auf Werkseinstellung

Es ist nicht weniger als eine Zeitenwende, die der Oberste Gerichtshof der USA heute eingeläutet hat mit der historischen Entscheidung, das Urteil im Prozess „Roe vs. Wade“ aus dem Jahr 1973 zu revidieren und damit die liberale Gesetzgebung in Sachen Abtreibung neu auf den Prüfstand zu stellen.

Gleichzeitig stellt es eine besondere Ironie der Geschichte dar, dass nahezu zeitgleich im Deutschen Bundestag das Werbeverbot für Abtreibung nach §219a durch die Ampelregierung unter schaurigem Applaus abgeschafft wurde, womit erstmalig in Deutschland die Tötung eines Menschen im Mutterleib ganz legal als medizinische Dienstleistung beworben werden darf.

Die Debatte, die jetzt sicher nicht nur in Deutschland aufbranden wird ist: Welches der beiden Länder befindet sich gerade auf der falschen Richtung der Einbahnstraße?
Amerika, das nach 50 Jahren liberaler Gesetzgebung jetzt vermutlich in zahlreichen Bundesstaaten wieder zu restriktiven Gesetzen zurückfinden wird, oder Deutschland, das gerade dabei ist, nicht nur die Werbung dafür, sondern am liebsten die gesamte Abtreibung bis zur Geburt zu legalisieren?

Eine Frage der Zuständigkeit

Bevor die Kaffeesatzleserei beginnt, ein paar Fakten zur Klärung jener Schlagzeilen, die jetzt schon die Runde machen, denn bekanntlich liegt der juristische Teufel im Detail. Der Supreme Court der USA hat beileibe nicht das Recht auf Abtreibung abgeschafft, sondern lediglich die Zuständigkeit für die Gesetzgebung in diesem Fall an die einzelnen Bundestaaten zurückgegeben.

Vorher war es seit Roe vs Wade 50 Jahre lang, (seit 1973) als Bundessache behandelt worden und die USA gehörten in einer Reihe mit China und Nordkorea zu den sechs wenigen Ländern der Erde, in denen es tatsächlich bis zum Einsetzen der Wehen legal war, ein lebensfähiges Kind noch abzutreiben. Unabhängig davon, wie man nun zur Frage der Abtreibung steht, sollte alle halbwegs klar denkende Menschen zumindest irritieren, dass es nicht ganz richtig sein kann, wenn in einem Kreissaal ein Kind kurz vor der Geburt mit einer Spritze ins Herz im Mutterleib legal getötet werden darf, weil seine Existenz nicht von Menschenrechten abgesichert ist, während im Kreissaal nebenan ein 500-Gramm-Frühchen mit allen Regeln der Kunst gerettet und aufgepeppelt wird, worüber wir uns alle freuen, denn es ist doch schließlich ein Kind.

Ausgelöst durch eine Klage im Bundesstaat Mississippi im Fall Dobbs vs Jackson ist jetzt also lediglich entschieden worden, dass jeder Staat der USA sehr wohl selbst das Recht bekommt, neu und alleine über seine Abtreibungsgesetzgebung zu entscheiden.

Zurück auf Werkseinstellung

Die Abtreibungs-Debatte ist also wieder auf Werkseinstellung und schon jetzt ist absehbar, dass zahlreiche Bundesstaaten der USA, die sich bislang nur widerwillig der flächendeckenden Legalisierung gebeugt hatten, zu weit restriktiveren Regelungen zurückkehren werden.

Es ist also eine harte mediale Auseinandersetzung zu erwarten, laufen doch jetzt bereits Abtreibungsorganisationen wie Planned Parenthood und auch unzählige Frauenrechtlerinnen Sturm. Während sie den Backlash fürchten, jubeln anderorts die Vertreter der Pro-Life-Bewegung die sich 50 Jahre lang gegen diese Regelung gewehrt haben und jetzt die Zeitenwende eingeläutet sehen – und sie können dies Urteil durchaus als grandiosen Etappensieg verbuchen.

Wahrscheinlich haben es nicht viele in den USA, und noch weniger Menschen in Deutschland auch nur ansatzweise für möglich gehalten, dass sich der gesellschaftliche Wind aus dieser Richtung noch einmal drehen würde.

Die Abtreibungsdiskussionen in Deutschland und auch in zahlreichen anderen Ländern bewegten sich immer nur in der unhinterfragten Vorannahme, dass es Veränderung in dieser Sache immer nur linear in Richtung Legalisierung, aber niemals zurückgeben könnte. Dieser heute offen gelegte Irrtum macht nun nervös auf der einen und hoffnungsvoll auf der anderen Seite, zeigt es doch, dass historisch nichts in Stein gemeißelt ist.

Wählst du noch, oder klagst du schon?

Es zeigt allerdings noch etwas ganz anderes, das nicht nur in den USA, sondern in allen westlichen Ländern grassiert:  Grundlegende Entscheidungen über Lebensrecht und Menschenwürde, und das betrifft vor allem das breite Feld der Bioethik, der Reproduktionsmedizin aber auch der Euthanasie und neuerdings der LGBT-Rechte, werden heute nicht mehr in nationalen Parlamenten, sondern zunehmend nach Klagen durch die Instanzen vor den Obersten Gerichtshöfen eines Landes oder gar eines Kontinentes ausgetragen. Die Zusammensetzung eines Verfassungsgerichtes, eines Europäischeren Gerichtshofes für Menschenrechte oder eines Supreme Court in den USA ist somit zunehmend entscheidender, als jene eines demokratisch gewählten Parlamentes.

Wozu noch mühsam in Parteigremien, Koalitionsverhandlungen oder Parlamenten um Mehrheiten ringen, wenn ein einziges Urteil vor dem richtigen Gerichtshof ein ganzes Land kippen kann? Das „Dritte“ Geschlecht, ein Recht auf Euthanasie oder die Homoehe wurden ja auch in Deutschland nicht parlamentarisch, sondern verfassungsgerichtlich eingeläutet. Und nicht umsonst klagt sich gerade in Sachen Abtreibung eine deutsche Ärztin mit Unterstützung der Abtreibungslobby aus ProFamilia, den Grünen, den Linken und der SPD durch die Instanzen, um genau so einen Präzedenzfall, wie in den USA, auch in Deutschland herbeizuführen.

Perfides „Frauenrecht“ auf Tötung

In der feministischen Bewegung aber auch auf EU- und UN-Ebene wiederum wird immer wieder vom „Frauenrecht“ oder gar „Menschenrecht“ auf Abtreibung geredet und die Tötung zu einem perfiden „Recht“ erklärt, ohne die Sprengkraft so eines Rechtes zu benennen, wenn die Frage des Lebensrechtes eines anderen plötzlich nicht mehr von seinem „unveräußerlichen Menschenrecht“ abhängt, das ihm etwa das deutsche Grundgesetz in Art.1 garantiert, sondern nur vom Wohlwollen seiner Mitmenschen.  Es zeigt allerdings, dass die grundsätzliche Definition der Menschenwürde jetzt bereits ins Wanken geraten ist, um nicht zu sagen: Zum Abschuss freigegeben wurde. Es ist perfide, wenn Gesellschaften feiern, dass man Frauen den freien Zugang zur Tötung ihres Kindes planieren will, aber nicht die Straße in eine Zukunft, in der sie sorgenfrei und abseits von Fremdbestimmung ihre Kinder gebären und großziehen können.

Es mutet jedenfalls mindestens peinlich an, wenn nicht befremdlich, wenn die SPD-Fraktion im deutschen Bundestag, und damit die Partei, die den Kanzler stellt, gar eigens zur Abschaffung des §219a ein lustiges Video produziert und verbreitet, bei dem sich Abgeordnete freudestrahlend gegen eine überdimensionale Wand aus Schaumstoffbauklötzen werfen, um den Durchbruch bei der Legalisierung von Abtreibungswerbung abzufeiern.

Jedes Jahr werden auch in Deutschland nach wie vor rund 100.000 Kinder nicht geboren, weil ihre Mütter nicht daran glauben, dass sie in dieser Gesellschaft ihre Kinder sorgenfrei bekommen können. Die Mauer dieser Ängste und Sorgen zu durchbrechen wäre ein weit schöneres Regierungsvorhaben als dies Bauklötzestapeln für das Töten und endlich einmal echte Frauenpolitik.



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